Es ist nicht die grosse weite Welt und nicht das was man sich unter Reisen vorstellt. Aber wenn eine Pandemie ausbricht wird die Welt plötzlich viel kleiner und man muss die Abenteuer um die Ecke suchen.
Aufbrechen zu neuem,
Zeit zu gehen, Zeit zu leben
Vor Angst beben
Es bleibt, es geht
Bis endlich ein neuer Wind weht.
Hin und her überlegen ist meine Spezialität. Schlaflose Nächte und beinahe den Verstand verlieren beim Nachdenken. Darum ist mir die Entscheidung nicht leicht gefallen mein Job zu künden und mich endlich zu trauen, mich raus aus der Komfortzone zu bewegen. «Wenn es dir gleichzeitig Angst macht und dich in unglaubliche Aufregung versetzt, musst du es machen». Der Satz klingt plakativ, hat aber irgendwie genau ins Schwarze getroffen. Von Abenteuern träumen kann ich gut, aber sie zu erleben fällt mir manchmal doch schwerer als mir lieb ist. Jetzt gehe ich also nach Lausanne, um mit den kleinen Abenteuern zu beginnen.
Und wegen dieser Entscheidung bin ich in diesem Zug gelandet. In Zügen hat man immer unglaublich viel Zeit nachzudenken. Für ein Mensch wie mich, der sich schnell in seinen Gedanken verliert, ist das fast gefährlich. Und trotzdem geniesse ich lange Zugfahrten immer. Stundenlang träumen und Musik hören.
Ich sitze im Zug nach Lausanne. Ein endgültiger Abschied ist es noch nicht. Heute werde ich in meine WG einziehen und dort auch eine Nacht bleiben. Am Freitag gehe ich dann nochmal nachhause, um mein restliches Zeug zu hohlen und um mich noch von verschiedenen Leuten zu verabschieden. Trotzdem fühlt es sich heute so an als würde ich richtig gehen. Ich bin nervös. Ich habe Angst. Was ist, wenn ich mich nicht verständigen kann? Was ist, wenn ich mich blamiere? 100 Zweifel in meinem Kopf, dass das nicht das richtige war. Besser wäre ich nach London. Dort hätte ich zumindest die Sprache einigermassen beherrscht. Auf der anderen Seite freue ich mich auch unglaublich auf die Unabhängigkeit. Auf die Sprache, die mir schon mein ganzes Leben schwerfällt. Vielleicht schaffe ich es endlich in diesen drei Monaten dagegen anzukommen.
Zwei Stunden später fährt der Zug durch die Weinberge vor Lausanne. Die Region von Lavaux. Ein UNESCO Welterbe, dass mir definitiv kurz den Atem raubt.
Ich suche meine Sachen zusammen und befördere Meine Reisetasche mit Schwung auf meinen Rücken. Ein wenig desorientiert verlasse ich den Zug. Den Bus-Bahnhof habe ich schnell gefunden. Den Bus denn ich aber nehmen müsste, suche ich vergebens. Irgendwann beschliesse ich einfach ein Taxi zu nehmen. Nach einem kurzen Zwischenhalt beim Bankomat, stehe ich also vor einem Taxi. Ich versuche mein Glück gar nicht erst auf Französisch sondern spreche den Taxifahrer direkt auf Englisch an. Komisches Gefühl.
CHF 10.- später lädt mich der Taxifahrer in einer schmalen Strasse ab. Chemin du Vanil. Mein Zuhause für die nächsten drei Monate. Im vierten Stock treffe ich dann auch das erste mal auf meine Mitbewohnerin. Ich fühle mich sofort wohl. Die Wohnung ist bunt und hell. Im September wird mein Zimmer das Wohnzimmer sein, da in dem anderen Raum noch eine Studentin untergemietet ist. Mich stört das in keinster Weise. Auch dieses Zimmer ist hell und in Pink gestrichen, was die 7-Jährige in mir in Freude versetzt. Auch mit der WG-Katze Tipy mache ich gleich Bekanntschaft. Ein ziemlich zickiger aber liebenswerter Kater.
Ich brauche nicht lange um mich einzurichten, so viel habe ich ja noch nicht dabei. Und nun sitze ich auf meinem Bett und muss erst mal tief durchatmen. Jetzt bin ich also hier und das fühlt sich irgendwie ziemlich gut an. also dann will ich mir mal mein Zuhause für die nächsten drei Monate genauer ansehen. Vor allem den See natürlich. Und so packe ich meine Tasche, den neuen Hausschlüssel und ein bisschen Mut und mache mich zum ersten Mal auf Entdeckungstour in Lausanne.