Sonntag, 10. Oktober 2021
Der Canyon von Neuchâtel
Der Nebel lichtet sich und gibt den Blick frei auf die unglaubliche Aussicht. Ich bin kurz überwältig von dem Anblick. Unglaublich schön!

Weit weg gehen

nur um umzudrehen

um das wahre Zuhause sehen

Ich keuche! Verdammt ist das Steil, aber trotzdem fühle ich mich gut. Hinter mir keuchen meine Freunde mit mir um die Wette. An diesem kalten und nebligen Oktoberwochenende sind sie nach Neuchâtel gekommen, um mich zu besuchen und mit mir auf den Creux du Van zu wandern. Bei dem Gedanken muss ich lächeln. Ich habe sie vermisst.

Nachdem wir ca. 2 Stunden bergaufwärts gelaufen sind, kommen wir oben an. Der Nebel ist so dicht, dass wir gar nichts sehen können. Typisch, dass das uns passiert. Doch auch das ist egal, Spass haben wir sowieso überall. Irgendwann wird es aber so kalt, dass wir beschliessen einen kurzen Abstecher in ein Restaurant zu machen, um zumindest etwas Warmes zu trinken. Langsam spüre ich meine Hände wieder. Für den Rückweg fehlt mir ein wenig die Motivation, aber es gibt ja keinen anderen Weg zurück.

Als ich aus dem Restaurant trete, drückt die Sonne durch und der Nebel lichtet sich plötzlich. Die Canyon-artige Form des Creux du Van präsentiert sich uns. Wie die meisten hier oben machen wir erst mal gefühlte 1000 Bilder von dem Erlebnis. Ich geniesse die Ruhe und bin glücklich, dass wir nicht ganz umsonst hier hochgelaufen sind. Andererseits wäre es ein weiteres Erlebnis, dass wir unter „gutes Abenteuer“ abbuchen könnten. Davon gibt es nämlich doch schon ein paar.

Ein paar Stunden später im Hotelzimmer. Ich freue mich auf die Dusche und ein Powernap, bevor wir zuerst essen gehen und dann noch ein bisschen durch Neuchâtel streifen.

Neuchâtel ist anders als Lausanne. Der offensichtlichste Unterschied ist die Grösse, aber auch die Stimmung ist anders. Lausanne lebt ein bisschen mehr, dafür ist Neuchâtel übersichtlicher. Hier erinnert es mich ein bisschen an Winterthur. Vielleicht fühle ich mich auch darum unglaublich wohl hier. Doch ich kann auch Parallelen erkennen. Beide Städte sind hügelig und man ist ständig am hoch oder runter laufen. Die Gebäude sind kunstvoll und in gewissen Strassen entdeckt man auch tatsächlich ein wenig Kunst.
Der Abend endet in einem unserer Hotelzimmer mit schlechtem Wein und guter Laune. In diesen Momenten werde ich immer etwas sentimental (vielleicht liegt es auch am Wein). Bevor ich nach Lausanne gegangen bin, hätte ich nie gedacht das ich mein vertrautes Umfeld so sehr vermissen werde. Mir ist es doch wichtiger an einem bestimmten Ort Zuhause zu sein als ich gedacht habe. Mit der Frage, was denn „zuhause“ eigentlich bedeutet schlafe ich ein.

Am nächsten Morgen, nach dem auschecken, machen wir uns erneut auf den Weg in die Stadt. Es ist Sonntag und wie wir bald herausfinden, bedeutet das in Neuchâtel, dass man kein Café findet in dem man etwas zum Frühstück bekommt. Halb ausgehungert versuchen wir unser Glück am Bahnhof.

Nach einem Kaffee und der ersten Mahlzeit des Tages bleiben doch noch einige Stunden zu füllen. Ich will unbedingt denn See sehen. Heute scheint uns auch die Sonne von strahlend blauem Himmel entgegen. Der Lac de Neuchâtel ist der grösste See der Schweiz (der komplett in der Schweiz liegt). Steht man auf dem Aussichtssteg "Passarelle de l’utopie" sieht man nur den Horizont. Fast wie am Meer.

Wir haben den ganzen Nachmittag einfach an diesem See verbracht. Geredet, gelacht, was man eben so macht. Jetzt sitze ich wieder Mal in einem Zug. Was für ein Wochenende! Ich freue mich aber auch, jetzt nach Lausanne zurück zu gehen. Denn als ich die ersten Häuser von Lausanne sehe, fühlt es sich ein bisschen wie nachhause kommen an.

Made on
Tilda