Mittwoch, 13. April 2022
Das Geheimnis der Maya
An einen neuen Ort zu kommen ist immer aufregend. Man landet in einer Stadt, in der man sich neu orientieren muss. Die Nerven sind immer ein bisschen angespannt. Nach einer 8 stündigen Fahrt mit zu wenig Schlaf und gefühlten Temperaturen unter 0 im Bus habe ich eigentlich genau zwei Bedürfnisse: Essen und ein Bett. Mit diesem Gedanken steige ich aus dem Bus und schultere meinen Rucksack.

Geheim, versteckt, unentdeckt

Mein Hostel in Palenque liegt ausserhalb der Stadt gefühlt mitten im Dschungel. Ich suche mir einen Taxifahrer und gebe ihm die Adresse an. Es ist in der Zwischenzeit etwa 9 Uhr und ich überlege, wie ich den Tag rumkriege, bis ich einchecken und damit endlich in mein Bett liegen kann. Ich warte mit meinem Gepäck an der Rezeption. «Hi, how you doing?» Ich drehe mich um bei dem Satz und Archie steht vor mir. Ich muss lächeln. Es ist schön an einem völlig unbekannten Ort ein bekanntes Gesicht zu sehen. So kommt es das ich 10 Minuten später in einem kleinen Van sitze mit drei deutschen und Archie. Das Ziel: die Maya-Ruinen von Palenque. Mein Kopf ist viel zu müde, um das alles so schnell zu begreifen, aber so passiert das eben beim Reisen. So kommt es das ich den Tag mit Lukas, Vanessa, Kathrin und Archie verbringe. Wir verstehen uns alle auf Anhieb. Die tour dauert ungefähr 3 Stunden. Ich tauche komplett in eine andere Welt ab. Wie kann es sein, dass die Mayas so riesige Städte gebaut haben, von denen bisher nur ein Bruchteil freigelegt wurde? Was waren das für Menschen? Wie haben sie gelebt?
Nach 3 Stunden meldet sich langsam mein Kreislauf. In Palenque ist es unglaublich heiss und tropisch. Man schwitzt also schon beim blossen Versuch einfach möglichst unauffällig zu atmen. Zurück im Hostel kann ich dann auch endlich mein Zimmer beziehen. Die meisten Dorms befinden sich in kleinen Bungalows direkt am Pool. Ich wohne allerding etwas ausserhalb in einer Art Camp-Haus mit drei Zimmern und einer eigenen Küche.

Einen Abend später sitze ich genau in dieser Küche und rede über Gott und die Welt. Mit drei Jungs aus Deutschland die gerade zwei Monate zusammen in Mexiko unterwegs waren und hier in Palenque ihren Trip beenden. Bis auf einen, der noch weiter nach Guatemala reist. Sie haben alle vor etwa einem Jahr Abi gemacht und danach irgendwie nicht so richtig gewusst wohin mit sich. Es ist so eine unglaublich grosse Frage, was man studieren will. Denn daraus ergeben sich weit mehr Fragen als nur, was man eigentlich arbeiten will. Es geht darum was einen interessiert, welche Dinge einen erfüllen und vielleicht auch, wo die wahre Leidenschaft liegt. Ich glaube viele Menschen wissen selbst nach ihrem Studium noch nicht so genau, ob sie das machen, was sie wirklich erfüllt. Warum ist das eigentlich kein grösseres Thema in der Schule? Leidenschaften sind nicht immer so offensichtlich. Natürlich gibt es solche, die man auch blind sehen würde. Die Leidenschaft die man bei Sportlern oder Musikern oft sieht zum Beispiel. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich eine Leidenschaft habe. Oft sage ich meine Leidenschaft liegt im Schreiben, aber das ist eigentlich viel zu simpel gesagt. Ich glaube meine Leidenschaft liegt darin, Dinge, Situationen und Menschen genau zu beobachten und meine Beobachtungen so in Worte zu fassen, das es genau die Stimmung wiedergibt, die in diesem Moment stattgefunden hat. Quasi eine Text-Fotografie.

Ein weiteres Thema des Abends: Die Drogen-Kultur in Mexiko. Damit meine ich jetzt nicht das Kartell. Vielmehr haben wir uns darüber unterhalten, dass sehr viele Reisende in Mexiko verschiedenste Drogen ausprobieren und man kaum jemanden trifft, der noch keinen Mushroom Trip hinter sich hat. Meine Ansicht auf Drogen hat sich verändert, seit ich in Mexiko bin. Vorher hatte ich ein ziemlich Stereotypes Bild von Leuten, die solche Drogen ausprobieren. Meist hatte es für mich etwas zu tun mit einer Flucht vor der Wirklichkeit und auch einer gewissen Gedankenlosigkeit. Ich habe jedoch festgestellt, dass es gerade bei Magic Mushrooms auch durchaus eine reflektierte Handlung sein kann. Eine Neugier seinen Geist besser zu verstehen und seine Gedanken in einem abstrakten Raum zu betrachten. Ich will es hier nicht verherrlichen: Drogen sind gefährlich und werden bei weitem nicht von allen so schön reflektiert genutzt wie ich das vielleicht gerade beschrieben haben. Insbesondere bei harten Drogen hört der Spass bei mir auf. Doch irgendwie kann ich es gut verstehen, dass es viele Menschen reizt mit Substanzen zu experimentieren die ihr Gehirn stimuliert. Auch ich habe mir überlegt, ob das eine Erfahrung sein könnte, die ich machen will, aber der Respekt vor der Reaktion meines Körpers, dem Kontrollverlust und der Tatsache, dass ich alleine unterwegs bin, haben mich sehr überzeugend davon abgehalten.

Meine Zeit in Palenque neigt sich nach diesem Abend schon bald dem Ende zu. Mein nächster Halt: San Cristobal. Dort werde ich dann auch Vanessa, Archie, Lukas und Kathrin wieder treffen. Doch bevor ein glückliches Wiedersehen stattfindet muss ich erst mal dorthin kommen, was ein nicht ganz einfaches Unterfangen ist. Es gibt genau zwei Wege nach San Cristobal:

1. Über die direkte Bundesstrasse 199 (5-6h)
2. Oder über Villahermossa (8-9h)

Das Problem mit dem direkten Weg liegt darin, dass auf dieser Route immer wieder Strassensperren stattfinden und teilweise auch gezielt Touristen ausgeraubt werden. Diese Strecke kann man nur mit privaten Minivans buchen. Die offizielle Bus Route umfährt diese Strasse mittlerweile, weil die Buse zu oft überfallen wurden.

Ich habe von vielen Reisenden gehört, dass man sehr gut die Route 199 nehmen kann. Dazu muss man einfach eine Wasserfalltour buchen, nach der dann automatisch der Transfer nach San Cristobal angehängt wird. Die Minivans fahren meist in Gruppen zusammen, teilweise sogar mit Polizei-Eskorte. Ich habe mich dann tatsächlich für eine Wasserfalltour entschieden, weil ich eine 9-stündige Fahrt gerne vermeide, wenn ich eine Option dazu habe.

An dem Tag, an dem ich abreise, regnet es das erste Mal, seit ich in Mexiko bin. In Sturzbächen fällt das Wasser vom Himmel. Was für ein guter Tag, um eine Wasserfalltour zu machen. Meine Laune sinkt ein bisschen in den Keller, weil ich nach 5 Minuten durchnässt bin. Meine Stimmung hebt sich allerdings mit der Zeit, da sich eine wirklich coole Gruppe zusammengefunden hat auf der Tour.

Trotzdem bin ich froh, als ich endlich in San Cristobal aus dem Bus steigen kann. In meinem Hostel werde ich schon in Empfang genommen und die Reise geht weiter.
Made on
Tilda